Ab wann sollte mein Kind eigentlich in die Kita gehen?
Auf der Suche nach der Frage, wann Entlastung der Eltern aufhört und übertriebene Selbstverwirklichung anfängt!
Was haben Frankreich, Dänemark & die Niederlande gemeinsam? Sie gelten als Vorreiter wenn es um die Betreuungsangebote für Eltern von Kindern unter 3 Jahren geht. Deutschland bewegt sich ist laut EU Statistik damit im Mittelfeld. Soweit die Theorie.
Es gehört heutzutage ja fast schon "zum guten Ton", als gesellschaftlich gleichgestellte Frau möglichst schnell wieder in den Job einzusteigen. Und natürlich ist es auch ein gewisser Erfolg, dass eine Frau, eine Mutter, das für sich selbst entscheiden darf. Und natürlich für die Emanzipation der westlichen Welt im Allgemeinen, die wir auch sehr begrüßen. Manche Mütter gehen deshalb schon acht Wochen nach der Geburt wieder arbeiten. Und die Babys? Sind in der Kita oder werden von einer Tagesmutter betreut.
In unserem Bundesland Nordrhein-Westfalen ist es sogar so, dass Kitas und ähnliche Einrichtungen, das Abgeben der Kinder ab 2 Jahren indirekt fördern, da die Plätze für Kinder ab 3 Jahren wesentlich limitierter sind, als die ab 2. Aus der Not heraus geboren, geben viele Eltern ihre Kinder also schon unfreiwillig, ja als reine Präventivmaßnahme, ab 2 Jahren in eine Tagesbetreuung, damit sie sich dadurch einen Platz ab 3 Jahren sichern können. Liebe Frau Giffey, ist das wirklich so in ihrem Sinne? Wird man da nicht in seiner Freiheit als Elternteil extrem beschnitten?
Aber dann gibt es da noch die Eltern, die diese Auflagen weder als Beschränkung ansehen, noch als Nachteil. Das sind die Eltern, die dieses Angebot dankend annehmen, obwohl sie es eigentlich gar nicht müssten. Was sind die Gründe dieser Mütter und Väter, ihre Kinder so früh in andere Hände zu übergeben? Finanzielle Aspekte sind hier vermutlich die treibende Kraft. Und wir möchten an dieser Stelle ganz klar differenzieren, dass wir immer und immer wieder Stellung für all die alleinerziehenden Mütter beziehen würden. Die Mütter, die einfach gezwungen sind, ihr Kind abzugeben, um sich halbwegs über Wasser halten zu können. Aber was ist mit den Müttern, die eine Wahl haben? Die dies nicht aus einem finanziellen Hintergrund heraus tun.
Hast du dein Kind heute Morgen zur Tagesmutter gebracht, obwohl du gar nicht arbeiten gehen müsstest?
Wenn du einer dieser Mütter bist, die ihr 6 Monate altes Kind heute Morgen um 7h zur Tagemutter gebracht und um 16h wieder abgeholt hast, nicht um zu arbeiten, sondern in der Zeit anderen Dingen nachzugehen, dann bist du mit Sicherheit jemand, der stark polarisiert. Es wird Eltern geben, die das verurteilen und Eltern, die sich insgeheim vielleicht denken: "Manchmal wünschte ich mir auch etwas mehr Zeit mal nur für mich." Was ist deine Motivation dein Baby so früh in anderer Leute Betreuung zu geben, obwohl deine Alltagsumstände es eigentlich gar nicht zwingend erforderlich machen? Wir meinen diese Frage auf keinen Fall provozierend! Im Gegenteil: Wir möchten versuchen, beide Seiten zu beleuchten und zu verstehen. Und vielleicht auch etwas mehr Toleranz zu schaffen, für Extreme oder Andersdenkende.
Aber für viele bleibt die Frage offen: Um welchen Preis?
Wir, Marie & Mounir, haben Kinder in die Welt gesetzt, weil es für uns zu einem befriedigenden Leben dazu gehört. Und wir hatten das unsagbare Glück, dass wir unsere beiden Kinder auf die "althergebrachte" ;) Art und Weise zeugen und zur Welt bringen konnten. In beiden Bereichen also die Natürlichkeit in ihrer Formvollendung. Und wir sind unendlich dankbar, dass beide Kinder auch noch kerngesund sind. Liva und Lasse waren also Wunschkinder, eine bewusste Entscheidung. Niemand konnte uns vorher sagen, wie ein Familienleben aussieht. Vor welche Herausforderungen uns das stellen würde. Aber das war uns auch egal, denn wir wussten: Das Fundament unserer Beziehung und Ehe ist über die Jahre so stark gewachsen, dass auch dieser neue Lebensabschnitt es nicht ins Wanken bringen könnte. Und genau so ist es auch gekommen: Die vielen wunderbaren Momente mit unseren Kindern, haben uns als Ehepaar nur noch mehr zusammenwachsen lassen. Diese Stabilität und diesen Rückhalt möchten wir unseren Kindern möglichst jeden Tag mitgeben, sie davon partizipieren lassen und ihnen damit einen Lebensweg aus Sicherheit, Selbstvertrauen, Neugierde und Lebensfreude ebnen.
Wie könnten wir das also beeinflussen, wenn sie diese Werte, die für uns so wichtig sind, in den ersten Jahren ihres Lebens gar nicht von uns vorgelebt bekämen, sondern von anderen Menschen?
Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, Liva und Lasse solange wie möglich unter unserer Obhut zu lassen. Und das nicht nur aus den eben genannten Gründen. Sondern auch maßgeblich deshalb, weil die Zwei nun mal nur einmal im Leben so klein sind. Wir möchten einfach Zeuge dieser wunderbaren Entwicklungsschritte unserer Kinder sein. Und deren soziale Prägung nicht der Willkür der Betreuungseinrichtung überlassen.
Keine Frage! Wir sind keine Super-Eltern! Auch wir sind zu manchen Zeiten maximal genervt, gestresst, abgekämpft und erschöpft. Genau wie alle anderen Eltern, die ehrlich über ihre Elternrolle reden, auch. Gefangen in Gedanken solcher schwieriger Tage, kommt dann einer von uns mit dem Wäschekorb die Treppe hoch Richtung Wohnzimmer und hält plötzlich inne. Denn er hört laute Musik. Und im Wohnzimmer angekommen, sieht den anderen, wie er lauthals mit einem über beide Ohren grinsenden Lasse auf dem Arm zu Kerstin Ott "Die immer lacht" singt und tanzt und Liva, die dabei mit zerzausten Haaren und Frühstücksmarmelade auf dem T-Shirt überglücklich übers Sofa hüpft. Und dann stellt man den Wäschekorb ab, es schießt "Pipi" in die Augen und man weiß: Genau für diese Momente trägt man seine Augenringe und Falten mit Stolz, Demut und tiefer, tiefer Dankbarkeit. Und will man diese Momente wirklich anderen Leuten überlassen?
Sind das nicht die Momente, an die man sich erinnert, wenn man mit 82 auf einer Parkbank sitzt und Enten füttert?
Die allermeisten Tagesmütter und Kitas tun natürlich ihr Bestes, um deinem Baby die Aufmerksamkeit, Nähe und Zuneigung zukommen zu lassen, die es benötigt. Die oben genannten Denkanstöße sind unsere persönliche Haltung, die wir dir, wie immer, nicht aufdrängen möchten.
Wir möchten nur kritisch in den Raum werfen, dass man sich gut überlegen soll, welche Auswirkungen es haben könnte, wenn man nicht hinter seiner Meinung steht und diese auch für sich selbst begründen kann. Vielleicht gibt es auch einen minimalen Anteil Eltern, die ihre Kinder nur auf die Welt gebracht haben, um eine gesellschaftliche oder familiäre Anforderungen zu erfüllen. Und deshalb den Anschein erwecken, fast schon erleichtert zu sein, ihren alten Freiheiten wieder nachkommen zu können, sobald das Kind in der Kita ist. Und da müssen wir uns zwangsläufig fragen: Wenn das auf dich zutrifft, wieso hast du dann überhaupt Kinder in die Welt gesetzt? Denn einen Aspekt unterschätzt unsere Gesellschaft trotz aller Studien zu dem Thema: Unsere Kinder mögen durch eine frühe Betreuung durch Dritte keine sozialen Defizite aufweisen, weil wie gesagt, die Tagesmütter und Erzieherinnen einen sehr guten Job machen. Aber was ist mit unserem Verantwortungsbewusstsein? Steht unser gesellschaftlicher Trend nach Selbstverwirklichung und damit der Selbstliebe wirklich über dem Verantwortungsbewusstsein zum Kind? Diese Frage kannst du nur selbst für dich beantworten. Und hier ist auch niemand irgendwem Rechenschaft schuldig.
Vor einiger Zeit haben wir Liva morgens in den Kindergarten gefahren und zu Hause angekommen haben wir uns die Frage gestellt, warum wir das eigentlich getan haben. Denn es war ein Tag, an dem sowohl Marie zu Hause war, als auch Mounir. Beide Eltern waren also da und doch haben wir Liva abgegeben. Da kommt die Selbstreflektion ins Spiel.
Liva in den Kindergarten zu geben, hatte wie einleitend erwähnt, auch einen fremdbestimmten Charakter. Es war aber auch eine Entscheidung, die Marie etwas entlasten sollte. Und warum haben wir uns dazu entschieden? Damit Marie in der Zeit mal in Ruhe ein Bad nehmen kann oder zum Frisör gehen kann? Das wäre natürlich auch voll ok. Aber hauptsächlich machen wir das, damit Lasse wenigstens ein paar wenige Stunden am Tag die volle Aufmerksamkeit erhält, die Liva in den ersten 1 1/2 Jahren ihres Lebens von uns bekommen hat. Und wir sind verdammt froh, dass wir diese Möglichkeit nutzen können. Zumal wir Liva, jäh älter sie wird, als Eltern nicht mehr immer die Spielfreude bieten können, die ihr gleichaltrige Kinder vermitteln. Und auch manche Sozialkompetenzen werden im Umgang mit gleichaltrigen Kindern einfach tausend Mal einprägsamer und schneller vermittelt, als wir das tun könnten.
Trotzdem haben wir uns dazu entschieden, Liva an den Tagen, an denen beide Elternteile zu Hause sind, nicht in die Kita zu geben. Natürlich verbringen wir viel Zeit und Energie auch für und mit Lalizou, aber unsere Kinder haben IMMER den Vorrang. Und deswegen nutzen wir diese Tage, an denen beide daheim sind, für uns. Für die Familie. Das ist für uns persönlich der goldene Mittelweg.
Abschließend möchten wir sagen: Kitas und Kindergärten sind soziale Einrichtungen, die unverzichtbar sind und für die Entwicklung unserer Kinder durchaus wichtig sind. Wir möchten dich als Vater oder Mutter nur dazu animieren, über deine Beweggründe nachzudenken, dein Baby schon sehr früh in eine solche Betreuung zu übergeben. Denn wir sehen es als Bereicherung, als Luxus und als hohes Gut, die Zeit mit unseren Kindern verbringen zu können, die uns niemand mehr in unserem Leben zurückgeben kann. Trotzdem hat jeder seine eigenen Beweggründe und Motivationen sein Kind früher oder später in die Kita oder den Kiga zu geben und das ist auch gut so. Denn wir sind alle nur Menschen und keine Roboter.
Euer Lalizou Mama Blog